Die Regelung von Fernwärmeübergabestationen
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Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 14,2 Prozent der 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fernwärme beheizt; das ist etwa jede siebte Wohnung. Der Anteil hat sich in den vergangenen 20 Jahren stetig erhöht. Fernwärme bietet insbesondere in dicht besiedelten Gebieten die Chance auf eine kostengünstige und klimaneutrale Wärmeversorgung.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sieht in dem Anschluss an verfügbare Wärmenetze, die sich aus Erneuerbaren Energien und Abwärme speisen, ein Zukunftsmodell. Im Wärmeplanungsgesetz vom 17. November 2023 drückt sich dies konkret aus. Auch die Europäische Union plant, den Zugang zu den Fernwärmenetzen für Drittanbieter erneuerbarer Wärme und Abwärme zu verbessern.
Die Umstellung vorhandener Wärmenetze auf Erneuerbare Energien als auch der Bau neuer klimafreundlicher Nah- bzw. Fernwärmenetze rückt somit in den Fokus der Kommunen und kommunaler Unternehmen. Zusätzliche Anreize schafft die attraktive Förderungen des BMWK.
Was genau versteht man unter Wärmenetzen und woraus bestehen sie?
Wärmenetze verteilen Energie zum Heizen, die in Heizkraft- oder Heizwerken produziert wird, über Rohrnetz- und Verteilerstationen an mehrere Wohn- und Gewerbeeinheiten. Sie ermöglichen den Einsatz einer großen Bandbreite klimaneutraler Wärmequellen zum Heizen, die dezentral weniger effizient oder gar nicht genutzt werden könnten.
Letzteres gilt etwa für die direkte Nutzung von Wärme aus Tiefengeothermie sowie die Einbindung von Abwärme aus Rechenzentren oder Industrie. Verschiedene erneuerbare Wärmequellen und Technologien wie Solarthermie, Biomasse, Wärme aus Abwasser und Großwärmepumpen können in Wärmenetzen kombiniert werden, um fossile Heizkraftwerke zu ersetzen.
Ein Wärmenetz besteht aus einer zentralen Heizanlage, einem Verteilnetz und Hausübergabestationen in den angeschlossenen Gebäuden. Die Anlage erzeugt Heizwärme, die über gedämmte Erdleitungen zu den angebundenen Gebäuden geleitet wird. Großspeichern mit mehreren tausend bis Millionen Litern Fassungsvermögen kommen in Fern- und Nahwärmenetzen eine zentrale Rolle zu. Als Langzeitspeicher können sie die Wärmeversorgung für mehrere Tage, Wochen und Monate sichern.
Das Transportmedium der Wärme ist meist heißes Wasser, das enthärtet und oft entsalzt bei Temperaturen zwischen 80° und 130°C und einem Druck von etwa 13 bar über größere Strecken transportiert wird. Bei Fernwärme handelt es sich um einen geschlossenen Heizkreislauf mit Vor- und Rücklauf, bei dem das abgekühlte Wasser nach dem Wärmetausch wieder dem Versorger zugeleitet wird.
Warum Fernwärme eine tragende Rolle in der Wärmewende spielen kann
Die Fernwärme ist einer von mehreren wichtigen Bausteinen in der Wärmewende, da sie eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Wärmeversorgung ermöglicht und somit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten kann.
Die Bedeutung der Fernwärme in diesem Kontext liegt in ihrer Effizienz, Umweltfreundlichkeit und ihrer Rolle als wichtige Wärmequelle für städtische Gebiete und Ballungszentren. Hier sind einige Punkte, die die Bedeutung der Fernwärme für die Wärmewende verdeutlichen:
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Wie kommt die Wärme ins Haus?
Für den Anschluss an das Fernheizungsnetz müssen in die Gebäudehülle, also die Außenwand des Hauses, zwei Bohrungen für den Zu- und den Rücklauf des Wärmeträgermediums vorgenommen werden. Außerdem muss es möglich sein, einen Anschluss an der nächstgelegenen Fernwärmeleitung zu schaffen. Solche befinden sich meist unterirdisch, in seltenen Fällen ist aber auch eine überirdische Führung möglich.
Ist die Wärme am Zielort angekommen, muss sie im Gebäude verteilt werden, und zwar so, dass jeder Verbraucher die richtige Wärmemenge bekommt. Darüber hinaus erfolgt in der sogenannten Fernwärmeübergabestation die Messung der übertragenen Wärme und die Regelung des Drucks sowie der Durchflussmenge des Fernwärmewassers. Auch wird die Rücklauftemperatur des Heizungswassers geregelt, womit indirekt die Wärmeleistung der Heizungsanlage gesteuert wird. Ebenfalls muss es im Notfall möglich sein, den Wasserdurchfluss zu unterbrechen.
Funktionen einer Fernwärmeübergabestation auf einen Blick:
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Fernwärmeübergaberegler
Ein Fernwärmeübergaberegler steuert und regelt die Übergabe von Wärmeenergie von einem Wärmeversorger an Endverbraucher in Fernwärmenetzen. Aus Sicht der Netzbetreiber ist auf der Primärseite des Wärmetauschers vor allem die präzise Erfassung der Wärmemenge sowie die Durchflussregelung im Fokus. Hierbei ist die Einhaltung einer vorgegebenen maximalen Rücklauftemperatur bzw. Vertragsleistung wichtig.
Für den Wärmekunden auf der Sekundärseite steht die witterungsgeführte Regelung eines oder mehrerer gemischter Heizkreise, sowie die effiziente Regelung der Trinkwassererwärmung im Vordergrund, die auf verschiedene Weisen durchflussbasiert, speicherbasiert oder als Speicher-Ladesystem erfolgen kann.
Zusammengefasst lassen sich die Anforderungen auf folgende sieben Kernpunkte aufteilen:
1. Messung der Wärmemenge
Die präzise Messung der Wärmeenergie und Zählung der Wärmemenge erfolgt in Übergabestationen überwiegend mit Hilfe externer, geeichter Wärmemengenzähler. Diese messen kontinuierlich die Primärvorlauf- und Rücklauftemperatur sowie den Durchfluss und werten sie aus.
Die ermittelten Daten werden in einem sicheren Langzeitdatenspeicher abgelegt und sind vor Ort mittels einer optischen Schnittstelle auslesbar. Alternativ können sie via M-Bus, einem genormten System zum Auslesen von Energie- und Verbrauchszählern, in Verbindung mit einem Gateway zur Fernablesung übermittelt werden.Bisher sind mechanische Durchflusssensoren wie Vortex-Sensoren VFS und VVX oder Turbinensensoren VTY weit verbreitet und bewährt. Eine besonders langlebige und schmutzunempfindliche Alternative stellt eine neue Generation von Ultraschall-Durchflusssensoren dar, die sich mit einer Wärmeträgertemperatur bis 130 °C besonders für Fernwärme-Anwendungen eignen.
2. Abrechnung und Tarifierung
Fernwärmeübergaberegler verfügen meist nicht über den gesamten Funktions- und Auswerteumfang externer Wärmezähler, sind aber ebenfalls mit M-Bus oder Modbus RTU-Schnittstellen zur Gerätekommunikation ausgestattet. Über den M-Bus sind sie somit in der Lage, die Daten aus den Wärmezählern auszulesen, anzuzeigen und via zusätzlicher Ethernet-Schnittstelle unter Nutzung von z.B. Modbus TCP an eine Gebäudeleittechnik oder einen Wärmenetzbetreiber zu kommunizieren.
3. Reduzierung der heiznetzseitigen Rücklauftemperatur
Eine möglichst starke Abkühlung des Heizmediums an den Wärmebedarfsstellen wie Heizkreisen oder Trinkwassererwärmungssystemen ermöglicht modernen Wärmequellen, effektiv zu arbeiten. Das gilt gleichermaßen für die Wärmeverteilung. Je stärker das Wasser von den Wärmebedarfsstellen abgekühlt wird, desto weniger umlaufende Wassermenge ist zum Übertragen einer bestimmten Leistung notwendig. Zusätzlich reduziert eine niedrige Temperaturdifferenz die Verteilverluste wesentlich. Durch Senkung der Heizwasserrücklauftemperatur kann die Effizienz von Fernheiznetzen daher enorm gesteigert werden.
Aus den zuvor beschrieben Gründen schreiben Fernwärmeversorger in den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) eine maximal zulässige Rücklauftemperatur vor, dessen Überschreitung zusätzliche Gebühren zur Folge haben kann.
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Verbraucher | Anlagenrücklauftemperatur θRNmax primärseitig | Außentemperatur θa | |||
Heizungsanlagen direkte* Fahrweise |
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-10 °C | |||
Heizungsanlagen indirekte Fahrweise |
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-10 °C | |||
Raumlufttechnische Anlagen |
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-10 °C |
Tabelle: Technische Anschlussbedingungen für die Fernwärmenetze Heiß- und Warmwasser am Beispiel der Stadtwerke Kiel
Um das Überschreiten der maximal zulässigen Rücklauftemperaturen im Primärkreis zu verhindern, drosselt der Fernwärmeübergaberegler den Volumenstrom bei Überschreitungen des eingestellten Grenzwerts mit Hilfe eines 2-Wege-Regelventils V1 mit Motorantrieb (0 – 10V), bis die zulässige Rücklauftemperatur wieder eingehalten wird.
Das Dilemma ist nur, dass mitunter bei den vorgeschrieben maximalen Rücklauftemperaturen Anforderungen an die Trinkwasserhygiene und den Betrieb von Warmwasserbereitern nicht eingehalten werden können. So heißt es etwa in den TAB eines Fernwärmenetzbetreibers: „Am Warmwasseraustritt des Trinkwassererwärmers muss bei bestimmungsgemäßem Betrieb eine Temperatur von ≥ 60 °C eingehalten werden können. Das Zirkulationssystem ist so auszulegen, zu erstellen und zu betreiben, dass die Wassertemperatur im gesamten System 55°C nicht unterschreiten kann, die Keime werden dadurch sicher abgetötet.“
Um beiden Anforderungen zu genügen, wird während der Auf- und Nachheizphase des Trinkwassersystems aufgrund der hygienischen Anforderungen auf die Einhaltung der geforderten max. Rücklauftemperaturen verzichtet. Besonders in von Nah- oder Fernwärme gespeisten Mehrfamilienhäusern kommen daher immer häufiger sogenannte Wohnungsstationen zum Einsatz. Diese stellen in den einzelnen Wohnungen sicher, dass das Volumen in den Warmwasserzuleitungen < 3l beträgt und somit auf eine Zirkulation verzichtet werden kann. Ein verbesserte Trinkwasserhygiene und die Erzielung niedriger Rücklauftemperaturen sind die erwünschten Folgen.
4. Regelung der Wärmezufuhr (Leistungsbegrenzung)
Auf Grundlage der gemessenen Wärmemenge regelt der Fernwärmeübergaberegler die Zufuhr von Fernwärme in das Heizsystem des Endverbrauchers. Dies erfolgt durch das Öffnen oder Schließen von 2-Wege Regelventilen, um die gewünschte Raumtemperatur aufrechtzuerhalten.
5. Regelung der Heizkreise und Trinkwassererwärmung
Fernwärmeübergaberegler verfügen meist über eine definierte Anzahl vordefinierter Hydraulikschemata, mit Hilfe derer der Fernwärmekunde eine bestmögliche Anpassung an seine Heizungs- und Warmwasserinstallation vornehmen kann. Diese unterscheiden sich beispielsweise in Art und Anzahl witterungsgeführter Heizkreise (gemischt und direkt) oder dem Prinzip der Trinkwassererwärmung (Durchlauferhitzer-Prinzip, Pufferspeicher-Ladevolumenstroms mit drehzahlgeregelter Heizmittel-Umwälzpumpe, zwei primärseitigen Ventile usw).
Hersteller von Fernwärmeübergabestationen müssen hierfür eine passende Reglerhardware finden, die dem Anwendungsfall entsprechend Eingänge für Temperatur- und Durchflusssensoren bereitstellt, sowie über genügend potenzialgebundene und analoge 0-10V/PWM-Ausgänge verfügt.
6. Sicherheitsfunktionen
Ein Fernwärmeübergaberegler kann Sicherheitsfunktionen integrieren, um Probleme wie Überhitzung zu verhindern und/oder zu melden. Wenn die Temperatur oder der Druck außerhalb der normalen Parameter liegt, kann der Regler Alarme auslösen oder den Wärmeaustausch stoppen.
Stand heute spielen thermomechanische Sicherheitseinrichtungen zwar eine wichtige Rolle in der Fernwärmetechnik, doch mit der zunehmenden Integration von elektronischer Sensorik und Softwareintelligenz deutet sich ein Innovationsschub für noch flexiblere und effizientere Sicherheitsfunktionen an.
7. Integration in die Gebäudeleittechnik (GLT)
Moderne Fernwärmeübergaberegler können in ein GLT-System eingebunden werden, um den Energieverbrauch in einem Gebäude oder einer Anlage effizienter zu steuern und zu regeln. Gängige Schnittstellen hierfür sind galvanisch getrennte RS-485-Schnittstellen zur Modbus-RTU-/Gerätebus-Kommunikation sowie Ethernet-Schnittstellen zur Modbus-TCP/IP-Kommunikation.
Einige Möglichkeiten für individuell auf OEM-Fernwärmestationen abgestimmte Regler für die Primärseite sowie bis zu zwei witterungsgeführte, gemischte Heizkreise und einem Frischwassermodul auf der Kundenseite, finden Sie hier